Windstärke 17
(Werbung) Letztes Jahr landete Caroline Wahl mit ihrem Debütroman "22 Bahnen" einen Bestseller. Jetzt geht die Geschichte von Tilda und Ida in "Windstärke 17" weiter. Ob der neue Roman mit dem Debüt mithalten kann? Das erfahrt ihr in diesem Artikel.
Seit Tilda zuhause ausgezogen ist und ihre kleine Schwester Ida mit der alkoholkranken Mutter allein in der Wohnung an der Fröhlichstrasse zurückblieb, sind 10 Jahre vergangen. Ida nimmt uns in "Windstärke 17" - dem neuen Roman von Caroline Wahl mit nach Rügen. Nachdem sich die Mutter das Leben genommen und Ida sie zuhause tot aufgefunden hat, muss sie einfach raus. Möglichst weit weg.
Eigentlich würde sie auch gerne zu Tilda, die jetzt mit Viktor und den beiden Kindern in Hamburg lebt. Aber irgendwie kann sie die immer korrekte, gut organisierte Schwester jetzt gerade nicht aushalten, denn in ihr tobt ein Sturm. Und den muss sie irgendwie herausfordern - mit Rennen, Schreien, Schwimmen. Nur Schreiben kann sie seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr, dabei hatte sie ihrem Agenten doch versprochen, endlich einmal etwas Längeres zu liefern.
"Und ich habe nur diesen Wutklumpen und die Scham und die tote Mutter und den ganzen Scheiß, und das ist so unfair, dass ich mir den Wutklumpen am liebsten aus dem Bauch rausschneiden würde. Und ich frage mich, wie lange man mit so einem Wutklumpen im Bauch überhaupt überleben kann." / S. 80
Während Ida versucht, sich selbst und einen Umgang mit dem Suizid ihrer Mutter zu finden, ist das Wetter oft ebenso stürmisch wie das Gefühlschaos in ihr drin. Zum Glück stösst sie aber auf gute Menschen wie den Barbesitzer Knut und seine Frau Marianne, die ihr Arbeit geben und sie bei sich aufnehmen. Und dann ist da auch noch Leif, ein gutaussehender DJ und Surfer. Ob ihnen die Freundschaft (oder Liebe) gegenseitig gut tut, ist allerdings fraglich. Denn Leif steckt gerade selber in einer schwierigen Lebensphase, muss sich um seinen dementen Grossvater kümmern, jettet als DJ in der Weltgeschichte herum, nimmt zu viele Drogen.
Caroline Wahl schildert uns die Geschehnisse und Idas Gedanken wieder als inneren Monolog ihrer Erzählerin, durchzogen von den Dialogen mit ihren Mitmenschen und gelegentlichen Messages an diejenigen, die gerade nicht auf Rügen sind. Der Sound ist dabei ebenso frisch und trotz der Traurigkeit auch immer wieder mit Witz gespickt wie bei ihrem Debüt "22 Bahnen" (ausführliche Besprechung).
Allerdings kam mir Ida nie so nah wie damals Tilda und einige Stilmittel, wie das der Wiederholung, nutzt die Autorin für mich zu extensiv, so dass sie ihre Wirkung verlieren und etwas bemüht wirken, als hätte sie keine weiteren Ideen. Am Ende musste ich dann doch ein paar Tränen verdrücken, das muss ich ihr lassen. Ich rate euch trotzdem, zuerst einmal "22 Bahnen" zu lesen - oder hören - und wenn euch das total flasht, könnt ihr "Windstärke 17" immer noch anhängen.
Eine Fortsetzung ist übrigens nicht ausgeschlossen, auch wenn Caroline Wahl aktuell an einem Buch zu einem anderen Thema sitzt. Das hat die Autorin im Interview mit "Die Literaturagenten" bei radioeins verraten. Wir dürfen auf jeden Fall gespannt sein, was sie uns noch zu bieten hat. Ich mag ihren Tonfall und die vielen Referenzen auf ihre (und knapp auch meine) Kinder- und Jugendzeit so gerne, dass ich auch weitere Bücher von ihr unbedingt lesen möchte.
Kleiner Hinweis am Rande: Caroline Wahl verwendet die Begriffe "Suizid" und "Selbstmord". Letzteres lehne ich (wie viele Expert*innen der Suizidprävention) ab und würde mich freuen, wenn das in einer zweiten Auflage korrigiert würde. Ein Suizid oder eine Selbsttötung hat nichts mit einem Mord zu tun. Das ist ein strafrechtlicher Begriff , bei dem eine stark negative Bewertung mitschwingt.
Die Fakten
Caroline Wahl
Dumont
256 Seiten
Erschienen am 14.05.2024
Hardcover
ISBN: 978-3-8321-6841-4
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PS: Herzlichen Dank an Dumont und NetGalley für das digitale Rezensionsexemplar. Die Seitenzahl des Zitats bezieht sich auf das E-Book und kann von der Printversion abweichen.
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Habt ihr den Vorgängerroman "22 Bahnen" von Caroline Wahl noch nicht gelesen? Dann könnt ihr ihn jetzt vor der Lektüre von "Windstärke 17" auch einfach hören! Das Hörbuch von Dumont audiobook, gelesen von Carolin Haupt, gibt es auch bei Storytel.
Auch von "Windstärke 17"* gibt es ein Hörbuch, gelesen von Maximiliane Häcke, allerdings noch nicht bei Storytel.
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