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Das Buch vom Antirassismus

"Das Buch vom Antirassismus" von Tiffany Jewell erklärt Jugendlichen und jungen Erwachsenen in 20 Lektionen, was Rassismus ist, wie er entstanden ist und wie wir ihn bekämpfen können. Ein Sachbuch mit vielen Informationen, Beispielen und Aufgaben zum Mitmachen.

Das Buch vom Antirassismus - Tiffany Jewell, Aurélia Durand (Zuckersüss Verlag 2020)

"In einer rassistischen Gesellschaft reicht es nicht aus, nicht rassistisch zu sein. Wir müssen antirassistisch sein." ~ Angela Davis (S. 105)

Dieser berühmte Ausspruch der amerikanischen Bürgerrechtlerin und Philosophin Angela Davis ist gewissermassen Dreh- und Angelpunkt für "Das Buch vom Antirassismus". Autorin Tiffany Jewell erklärt, weshalb das so ist und wie wir antirassistisch handeln können. Die 20 Lektionen mit Erklärungen, Beispielen, Hintergründen und Übungen sind in vier Bereiche aufgeteilt:

  • Aufwachen: Verstehen und in meine Identitäten hineinwachsen

  • Das Fenster öffnen: Die Welt verstehen

  • Meinen Weg wählen: In Aktion treten und auf Rassismus reagieren

  • Die Tür aufhalten: Sich solidarisch gegen Rassismus einsetzen


Fang bei dir selber an!

Mit dem ersten Teil holt Tiffany Jewell die jungen Leser*innen direkt dort ab, wo sie sind: bei sich. Über Fragen wie "Wer bin ich?" oder "Welche sozialen Identitäten habe ich?" bringt die Schriftstellerin, Montessori-Erzieherin und Beraterin aus Massachusetts (USA) die Jugendlichen einerseits ins Nachdenken - und das ganz unvoreingenommen - und erklärt ihnen andererseits erste Konzepte wie "soziale Identität", "dominante Kultur", "Privilegien" und "Intersektionalität". Dabei spricht sie die Leser*innen direkt an und stellt sich und ihre sozialen Identitäten vor. Ergänzt um die "Tu was!"- oder "Denk nach!"-Abschnitte nimmt einen die Autorin mit auf die Suche nach der eigenen Identität oder besser den zahlreichen Identitäten und den Privilegien oder Diskriminierungen, die jeweils damit verbunden sind.


Jewell macht deutlich, wie unterschiedlich Privilegien und Macht je nach Ethnie, sozialem Status, Gender, Alter, Sprache, Religion, sexueller Orientierung, Nationalität, Fähigkeiten und Familienstruktur verteilt sind. Indem sie bei den Leser*innen selbst anfängt, holt sie diese abstrakten Begriffe ins reale Leben, macht sie greif- und verstehbar. So wird auch schnell klar, wie wichtig es ist, intersektional zu denken. Und es wird deutlich: Rasse und Ethnie sind rein soziale Konstrukte, definiert von der dominanten Kultur und ständigem Wandel unterworfen.


Nach dem Ausloten der eigenen Identitäten geht es um das Erkennen von persönlichem und institutionellem Rassismus und Wissen darüber, wie Rassismus in die Welt kam und wie er das Leben bis heute beeinflusst. Stichworte sind da unter anderem Kolonialisierung, Apartheid, Segregation. Die Beispiele und erwähnten Persönlichkeiten stammen oft aus dem angelsächsischen Raum, aber zumindest teilweise bringt Jewell auch die Rolle europäischer Länder ins Spiel.


Antirassistisch handeln

In den zwei folgenden Teilen geht es dann darum, auf Rassismus zu reagieren, ihn aktiv zu kontern und sich mit Betroffenen solidarisch zu zeigen, Ally zu werden (siehe auch "exit RACISM" von Tupoka Ogette). Auch hier werden die Leser*innen oft zur Reflexion aufgerufen, zum Beobachten und zum Verändern der eigenen Handlungen. Dazu müssen wir auch mal über unseren Schatten springen, kommen in unangenehme Situationen oder müssen uns selbst bei der Nase nehmen.


"Solange wir unsere Komfortzone nicht verlassen, beenden wir Rassismus nicht." (S. 103)


Modern, in knalligen Farben illustriert hat das Buch die französische Illustratorin Aurélia Durand. Die oft ganzseitigen Illustrationen greifen oft prägnante Zitate aus dem Text auf. Man könnte daraus eigentlich ein motivierendes Postkartenset machen (à la "Good Night Stories for Rebel Girls"). Auch die Teile zum Mitmachen sind illustriert und laden so besonders dazu ein, selbst aktiv zu werden, auch wenn dann die Arbeit v.a. im eigenen Kopf und im Notizbuch stattfindet.


Der Zuckersüss Verlag empfiehlt das Buch für Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren. Ich würde die Altersempfehlung aufgrund der doch recht komplexen Konzepte und zahlreichen geschichtlichen Bezüge eher auf 13 oder 14 Jahre ansetzen. Dafür können bestimmt auch noch 20-Jährige, die sich noch nicht intensiver mit dem Thema befasst haben, das Buch zur Hand nehmen. Wünschen würde ich mir noch ein ähnliches Buch aus der Feder einer Person of Color aus dem deutschsprachigen Raum. Eine eurozentrierte Perspektive würde ein solches Buch für Jugendliche aus dem DACH-Raum nochmals einfacher zugänglich machen. Auch wenn (aus Erwachsenenperspektive) die amerikanische Perspektive von Jewell durchaus interessant ist und viele neue Aspekte vermittelt.


Gestört haben mich am Buch einzig die vielen Wiederholungen. Das fällt aber angesichts der Zielgruppe weniger ins Gewicht und kann auch ganz nützlich sein, wenn man die 20 Lektionen nicht am Stück durchliest, sondern etappenweise. Äusserst hilfreich ist auch das Glossar, das nochmals zahlreiche Begriffe von BIPoC, über Cis und Gender, bis hin zu neurotypisch, trans oder Versklavung einfach erklärt.


Fazit

"Das Buch vom Antirassismus" von Tiffany Jewell holt sowohl von Rassismus Betroffene als auch Mitglieder der dominanten (weissen) Kultur ab. Mit den vielen Beispielen, der leichten Sprache und den persönlichen Anekdoten erklärt die Autorin verständlich, persönlich und eindringlich, was Rassismus ist, woher er kommt und wie wir ihn alle gemeinsam bekämpfen sollten. Die Illustrationen von Aurélia Durand sprechen junge Leser*innen an und bilden die Vielfalt unserer Gesellschaften nochmals schön ab. Eine grosse Lese- und v.a. Anwendungsempfehlung - auch für Schulen, Jugendtreffs oder andere Orte, wo sich Jugendliche begegnen.


Die Fakten

20 Lektionen, um Rassismus zu verstehen und zu bekämpfen

Tiffany Jewell (Text)

Aurélia Durand (Illustration)

Elvira Willems (Übersetzung aus dem Amerikanischen)

Zuckersüss Verlag

164 Seiten

Erschienen am 21.09.2020

Hardcover

ISBN: 978-3-9821379-3-3





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