Bei euch ist es immer so unheimlich still
(Werbung) Mit ihrem zweiten Roman "Bei euch ist es immer so unheimlich still" spannt Alena Schröder einen Bogen von den ersten Nachkriegsjahren bis zur Wende und erzählt uns eine besondere Familiengeschichte und damit ganz viel über Mutterschaft.
Vielleicht kennt ihr Alena Schröder von ihrem Debütroman "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid"*. Ich habe ihn nicht gelesen, aber das ergibt sich eigentlich ganz gut, denn in ihrem zweiten Roman "Bei euch ist es immer so unheimlich still" erzählt sie die Vorgeschichte. Ihr könnt also wie ich auch sehr gut damit starten.
Zurück zur Mutter
Silvia Borowski ist gerade frisch Mutter von Töchterchen Hannah geworden. Martin, der Vater, will aber nichts von der gemeinsamen Tochter wissen. In ihrer Berliner WG fühlt sich Silvia auch nicht mehr wirklich gut aufgehoben mit Kind und so macht sie sich kurz vor der Wende 1989 - von der sie noch nichts ahnt - auf nach Westdeutschland. Ihr Ziel ist die (fiktive) Kleinstadt Ildingen in der Nähe von Stuttgart. Sie will zu ihrer Mutter Evelyn, die sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat.
"Sylvia hätte eigentlich wissen müssen, dass sie nur eine kurze Abweichung von Martins Lebensplan war. Aber irgendwie war sie in den Honigtopf seiner Zuneigung gefallen und kam nun nicht mehr heraus."
Nach und nach erfahren wir in verschiedenen Rückblenden, wie Evelyn nach Ildingen kam, wie sie Ärztin wurde und mit Silvias Vater Karl eine Familie gründete, während dessen Schwester und Evelyns beste Freundin Betti kinderlos blieb. Wir begleiten Silvia beim Aufwachsen, erleben das schwierige Verhältnis zwischen Mutter und Tochter und wie Silvia schliesslich überstürzt von zuhause abhaut.
Alena Schröder schwenkt auch immer wieder in die Gegenwart der Erzählung (im Jahr 1989), wo Silvia versucht, irgendwie wieder eine funktionierende Beziehung zu ihrer Mutter herzustellen, wenigstens für Hannah, die eine Grossmutter haben soll. Und so kommen über die verschiedenen Erzählstränge und die Ereignisse in der erzählerischen Gegenwart immer mehr Geheimnisse der bewegten Familiengeschichte ans Licht.
Der Umgang mit der Mutterschaft
Als übergreifendes Thema könnte man die Mutterschaft betrachten, sowohl die von Evelyn als auch die von Silvia. Während Evelyn stark mit ihrer Mutterrolle zu kämpfen hatte, bringt sie schliesslich Silvias eigenes Muttersein wieder näher zusammen. Darüber hinaus geht es auch um die weibliche Emanzipation, gesellschaftliche Rollenbilder und daran geknüpfte Erwartungen sowie Frauen und Männer, die mit diesen Erwartungen brechen. Es geht um die erste Liebe, um jahrelanges Schweigen, um gleichgeschlechtliche Liebe, um Freundschaft und die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs.
Die eine oder andere Nebenhandlung hätte man sich vielleicht sparen können, aber der Roman hat aufgrund der Beziehungsdynamik, der Sprünge in der Zeit und der zahlreichen Enthüllungen einen so grossen Sog, dass man diese auch gut verschmerzen kann. Besonders mochte ich Alena Schröders Figurenzeichnung. Sie verleiht allen Protagonist*innen ganz eigene Stimmen und arbeitet auch grossartig mit dem Dialekt, so dass man sich direkt vorstellen kann, bei Tante Betti im Auto oder bei Freundin Monika im Wohnzimmer zu sitzen. Auch den Mief der Nachkriegszeit, die Aufbruchstimmung zur Wendezeit und andere Epochen beschwört Alena Schröder ganz wunderbar herauf, als wäre man live dabei gewesen. So wird "Bei euch ist es immer so unheimlich still" zu einem soghaften, sehr emotionalen Leseerlebnis.
Fazit
Wer gerne ganz tief in eine deutsche Familiengeschichte zwischen Nachkriegszeit und Wende eintaucht, findet in Alena Schröders Roman "Bei euch ist es immer so unheimlich still" eine berührende Geschichte voller unerwarteter Wendungen und eigenwilliger Charaktere.
Die Fakten
Alena Schröder
dtv Verlag
336 Seiten
Erschienen am 01.08.2023
Hardcover
ISBN: 978-3-423-28339-7
PS: Da ich das Hörbuch gehört habe, kann das Zitat leicht vom schriftlichen Original abweichen.
Alena Schröders Romane als Hörbuch geniessen
"Bei euch ist es immer so unheimlich still" von Alena Schröder gibt es auch als Hörbuch bei Storytel (erschienen bei Hörbuch Hamburg). Es wird genial gelesen von Elisabeth Günther. Ich mag ihre Art zu erzählen sehr. Insbesondere wie sie es schafft, jeder Protagonistin / jedem Protagonistin eine ganz eigene Stimme zu verleihen und dadurch den jeweiligen Charakter zu transportieren und wie sie den süddeutschen Dialekt einbringt, beeindruckt mich sehr.
Das Vorgängerbuch "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" gibt es ebenfalls bei Storytel. Das werde ich mir auch noch anhören und bin gespannt, wie Julia Nachtmann den Roman liest.
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