Feministische Comic-Kolumnen
Lisa Frühbeis ist bekannt für ihre Kolumne "My 100 days of strangelife". Eine Sammlung der feministischen Comics ist unter dem Titel "Busengewunder" als Buch erschienen.
Die deutsche Comiczeichnerin Lisa Frühbeis startete "My 100 days of strangelife" 2015 als Webcomic. Von da schaffte es der Comic in den Tagesspiegel (2017-2019) und 2020 in das Buch "Busengewunder", das bei Carlsen erschienen ist. Die Comicsammlung wurde auch schon mit dem Max und Moritz Preis 2020 und dem Kunstförderpreis Bayern ausgezeichnet.
Von BH, über PH, bis zur Vagina
Aber genug Vorgeplänkel, kommen wir zum Inhalt: Lisa Frühbeis nimmt sich in ihren Comics - meist bestehend aus 12 Panels - ganz unterschiedlichen Themen an. Was die Comics eint, ist die weibliche Perspektive auf die Gesellschaft. Eine Gesellschaft mit patriarchalen Strukturen, mit männlich geprägten Schönheitsidealen und klischeehaften Rollenbildern - und in der Folge massenhaft Ungerechtigkeiten.
Auf diese Unzulänglichkeiten der patriarchalen Gesellschaft weist die Comiczeichnerin durchaus mit Biss, aber immer mit viel Witz und alltäglichem Bezug hin. Eine BH-lose Fahrt auf dem Fahrrad bringt sie in der Titelgeschichte "Busengewunder" auf die Frage, weshalb BHs überhaupt "Büstenhalter" heissen und weshalb es denn eigentlich keinen PH gibt.
Wer sagt, was schön ist? Und wieso sollten Jungs kein Rosa tragen?
Weitere Schönheitsideale wie glattrasierte Beine oder hochhackige Schuhe kommen ebenso zur Sprache wie Verhütung, Menstruation und Begrifflichkeiten für Geschlechtsorgane (dazu hat auch Katja Lewina etwas zu sagen). Und natürlich darf auch die Diskussion um Jungs- und Mädchenfarben nicht fehlen! In weiteren Comic-Strips geht sie dem Bild von Frauen (z.B. in Filmen) und weiblichen Vorbildern nach, in anderen der ungleichen Behandlung der Geschlechter vor dem Gesetz (weiblichen Exhibitionismus gibt es juristisch nicht). Auch Privilegien und Diversität sowie die Errungenschaften der Frauenbewegung (Simone de Beauvoir darf nicht fehlen! Hier gibt's mehr. Und hier.) macht sie zum Thema.
Die Zeichnungen kommen mit ein bis zwei Farben aus (neben Schwarz und Weiss). Die klaren Striche und Farbakzente sind kombiniert mit viel Dynamik, witziger Mimik und Gestik und überzeichneten Äusserlichkeiten. Wer sich schon intensiver mit dem Feminismus beschäftigt hat (z.B. mit Liv Strömquists Graphic Novels oder mit Julia Korbiks Sachbuch), wird hier inhaltlich nicht mehr viel Neues entdecken. Aber der persönliche Zugang über Alltagsgeschichten und die pointierte Vermittlung über die kurzen und doch erhellenden Comics machen "Busengewunder" auch für feministisch bewanderte Leser*innen zu einem Genuss.
Fazit
Die Comic-Kolumnen in "Busengewunder" bringen Jugendlichen ab 13 Jahren feministisches Denken unterhaltsam näher. Lisa Frühbeis legt den Finger auf die patriarchalen Wunden, motiviert (Frauen und Männer) zur Reflexion tradierter, aber vielleicht völlig unsinniger - weil ungerechter - Ansichten, Konventionen und Strukturen. Die Comics laden zum Nachdenken, zum Bewusstwerden, zum Kritisieren und zum Lachen ein! Und ganz nebenbei zeigt Lisa Frühbeis einmal mehr, dass die Comic-Welt keines Falls den männlichen Zeichnern und schon gar nicht hegemonialen Fantasien vorbehalten ist!
Die Fakten
Lisa Frühbeis (Text + Illustration)
Carlsen Verlag
128 Seiten
Erschienen am 26.05.2020
Softcover
ISBN: 978-3-551-79356-0
PS: Herzlichen Dank an den Carlsen Verlag für das Rezensionsexemplar.
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