Matti und Max und ein Stück deutsche Geschichte
Am kommenden 3. Oktober jährt sich der Tag der Deutschen Einheit zum 30. Mal. Aus diesem Anlass stelle ich euch ein Kinderbuch vor, das in Berlin spielt und in dem die Ost-West-Thematik eine grosse Rolle spielt: "Matti und Max - Abenteuer in Berlin". Die Autorin Sandra Lehmann ist mir zudem im Interview Rede und Antwort gestanden.
Diese Buchbesprechung, das Interview und die Verlosung mache ich nicht aus heiterem Himmel, sondern weil Steffi Biber, die Verlegerin der "Matti und Max"-Reihe zur Blogtour "30 Jahre Deutsche Einheit" aufgerufen hat.
Damit feiern Kinderbuch- und Familienblogger*innen vom 24. September bis 3. Oktober 2020 dieses ganz besondere Jubiläum - für Berlin, für Deutschland, aber auch für Europa und die ganze Welt. Morgen geht es übrigens bei Alu von www.grossekoepfe.de weiter mit der Blogtour - mit einem Buch, das ich unbedingt auch noch lesen möchte!
Spannende Hintergründe zu 30 Jahren Deutscher Einheit findet ihr auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung.
Wind of Change
1989/1990 - als in Berlin die Mauer fiel und Deutschland sich wiedervereinigte - war ich 6 bzw. 7 Jahre alt. Ich bekam also nicht bewusst mit, was sich in unserem nördlichen Nachbarland abspielte. Was mir aber deutlich in Erinnerung geblieben ist, ist, wie mein Cousin, meine Cousine und ich im Auto meines Onkels sassen, auf dem Weg in die Ferien, und zu "Wind of Change" lauthals mitgesungen haben.
Auf nach Berlin!
Mit einer Autofahrt in die Ferien startet auch "Matti und Max - Abenteuer in Berlin" von Sandra Lehmann, mit Illustrationen von Manja Adamson. Matti ist mit seiner Mutter Anna auf dem Weg zu seinem Freund Max, der in Berlin lebt. Mit ihm hat er schon spannende Abenteuer auf Kreta und in New York erlebt. Die Ferien in Berlin dürften also nicht weniger spannend werden, zumal auch Max' Freundin Vicky mit von der Partie ist - dieses mal live und in Farbe.
Und tatsächlich, die Anreise beginnt schon recht abenteuerlich mit einem platten Reifen, so dass Anna und Matti erst einmal an der Raststätte Dreilinden stranden. Und hier kommt im Buch auch bereits das erste Mal das Gespräch auf Ost- und West-Berlin, denn Dreilinden war früher ein Grenzübergang zwischen Ost und West.
Ein Schatz aus früheren Zeiten
Die beiden Freunde Matti und Max gehen den Urlaub erstmal gemütlich an und fahren zum Strandbad Wannsee. Als sie zurückkehren und zu Vicky in den Garten kommen, herrscht da dicke Luft, weil Vickys Mama mit dem neugeborenen Oskar über eine Steinplatte gestolpert ist. Vickys Vater ärgert sich schon lange über die Stolperfallen und entscheidet kurzerhand, die Platten zu entfernen. Klar, dass Vicky und die Jungs da helfen. Und beim Buddeln geschieht es, die Kinder finden im Rosenbeet eine alte Schatulle voller Schmuck. Wer den hier wohl vergraben hat? Und wem er wohl gehört? Dem fiesen Nachbarn Herr Papke bestimmt nicht, auch wenn der Anspruch darauf erhebt und hinter den Kindern und dem Schmuck her ist.
Die Kinder machen sich mit viel Spürsinn und mit Hilfe von Max' Oma Leni auf die Suche nach den wahren Erben des Schmucks. Zu viel kann ich nicht verraten, aber die Geschichte der Schatulle ist eng verwoben mit der Trennung Deutschlands und v.a. Berlins in Ost und West. Und so kommen Matti, Max und Vicky bei ihren rasanten Ermittlungen quer durch Berlin auch an vielen historischen Plätzen vorbei - vom Mauerpark, über den Checkpoint Charlie bis zur Bernauer Strasse, die fast 30 Jahre die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin bildete.
Krimi, Reiselektüre und Geschichtslektion in einem
Sandra Lehmanns Geschichte ist richtig spannend, die Freunde haben so einige Hindernisse zu überwinden, können aber auch auf die Hilfe lieber Menschen zählen. Nur der fiese Herr Papke versucht ständig, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Der Fall an und für sich ist nicht besonders komplex und den dreien spielen einige glückliche Zufälle in die Hände, dafür ist das Tempo der Geschichte umso rasanter. Wie im Vorbeigehen erfahren wir zudem ganz viel darüber, wie das damals war bei der Trennung Berlins und Deutschlands, wie in einer geteilten Stadt und wie beim Mauerfall. Über die älteren Figuren im Buch, die aus eigener Erfahrung berichten, trägt Sandra Lehmann die Deutsche Geschichte ganz nah an uns heran. Und mit den drei Freunden und den Illustrationen von Manja Adamson entdecken wir so einige interessante Ecken Berlins, die wir am liebsten gleich live besuchen würden.
Besonders gefällt mir schliesslich, dass die drei Hauptprotagonist*innen so gut "gezeichnet" sind und dass die Autorin (und auch die Illustratorin) Geschlechterklischees aufbricht, indem alle drei richtig cool, schlau und stark sind. Mit Vicky, Matti und Max wäre ich als Kind auch gerne befreundet gewesen!
Fazit
Sandra Lehmann verwebt in ihrem Kinderkrimi "Matti und Max - Abenteuer in Berlin" gekonnt eine spannende Geschichte mit sympathischen Protagonist*innen, eine Reise durch Berlin und geschichtliche Informationen von Rosinenbombern, über den Mauerfall, bis zur Wiedervereinigung. Jungen Leser*innen ab 8 Jahren kann ich das spannend und witzig erzählte Buch mit den schönen Illustrationen von Manja Adamson nur empfehlen. Wenn die Kinder Interesse an Geschichte haben oder eine Berlinreise ansteht, umso mehr!
Die Fakten
Sandra Lehmann (Text)
Manja Adamson (Illustration)
Biber & Butzemann Verlag
128 Seiten
Erschienen am 09.03.2020
Hardcover
ISBN: 978-3-95916-055-1
Ab 8 Jahren
PS: Herzlichen Dank an Biber & Butzemann für das Rezensionsexemplar.
Kinderbuchautorin Sandra Lehmann im Interview
MINT & MALVE: "Matti und Max in Berlin" ist nach Kreta und New York schon der dritte Band der erfolgreichen Reihe. Weshalb diesmal im eigenen Land? Und war das irgendwie anders für dich zum Schreiben?
Sandra Lehmann: Am liebsten schreibe ich über Orte, die mich begeistern und mir am Herzen liegen, unabhängig davon, wo sie sich auf der Welt befinden. Berlin steht dabei ganz oben auf meiner Liste. Die Stadt begleitet mich seit meiner frühesten Kindheit, denn meine Familie kommt ursprünglich aus Berlin-Zehlendorf. In den Ferien habe ich dort meine Großeltern besucht. Beim Schreiben bin ich in der Zeit zurück gereist und habe in meinen Erinnerungen gestöbert: Dampferfahrten auf der Havel, Pfaueninsel, Zoo... - und natürlich Busfahren mit dem Doppeldecker. Die waren damals allerdings noch nicht gelb, sondern beige - so lange ist das schon her.
Was ist dein liebstes Berliner Wort?
Flitzpiepe. Ach, Mumpitz! (Die Frage bringt mich echt in die Bredullje.)
Du lebst heute in Darmstadt, hast aber auch längere Zeit in Berlin gelebt. Hast du dein Wissen von damals oder bist du extra fürs Buch wieder nach Berlin gereist?
Ich reise unheimlich gern nach Berlin. Ein Stück weit ist es einfach ein Zuhause geblieben und ich freue mich immer, alte Freunde und Lieblingsplätze zu besuchen. Die Jahre, die ich nach dem Studium in der Hauptstadt gelebt habe, waren wahnsinnig schön und intensiv und haben mir viel Stoff für ein Abenteuer gegeben.
Die Geschichte stand bei meinem letzten Berlin-Besuch schon fest, aber es war mir wichtig, die Wege von Matti, Max und Vicky zu prüfen, und so bin ich quer durch die Bezirke unterwegs gewesen. Spannend war das und ich habe viele Fotos geschossen.
Manche hat Manja für ihre originalgetreuen Illustrationen genutzt. Einige verwende ich zurzeit auch für den Reiseblog passend zum Buch. Diesen veröffentlichen wir auf unserer Homepage und auf Social Media (Facebook, Instagram). So können unsere jungen Leser sehen, wie die Welt von Matti und Max in Wirklichkeit aussieht.
Wie müssen wir uns deine Recherche und Arbeit an der Geschichte vorstellen? Wie gehst du vor?
Ich schreibe nur über Orte, die ich bereits besucht habe. Ein gewisses Grundwissen über den Schauplatz des Abenteuers habe ich also. Als nächstes überlege ich mir das grobe Gerüst der Geschichte mit allen wichtigen Figuren und dem Spannungsbogen. Daran orientiere ich mich und fange an zu schreiben. Das Abenteuer steht dabei im Vordergrund, ich schreibe keine Reiseführer.
Für die Hintergrund-Recherche unterbreche ich das Tippen manchmal mitten im Text. Dabei suche ich in Büchern, Bildern, im Internet und stoße regelmäßig auf neue interessante Fakten, die ich gerne einbaue.
Übrigens kommen mir die besten Ideen, während ich draußen an der frischen Luft bin. Ich hoffe dann immer, dass ich nichts vergesse, bis ich vom Spazieren zurück bin. Ein Riesenglück ist es natürlich auch, dass Manja in meiner direkten Nachbarschaft wohnt. Da laufe ich dann auch mal spontan mit einem Einfall die Straße runter und höre mir ihre Meinung dazu an.
Die Ost-West-Thematik und die Deutsche Einheit spielen eine grosse Rolle im Buch. War dir dieser Fokus wichtig oder kommt man da beim Handlungsort Berlin gar nicht drum herum?
Berlin ist auf so vielen Ebenen eine Geschichte wert. Wenn man aber als Kind die Stadt geteilt erlebt hat, später mit Freunden als Mauerspecht geklopft hat und dann in einer Zeit in die Hauptstadt zog, in der am Potsdamer Platz noch die rote Infobox stand, dann ist das Thema fast vorherbestimmt. Ich freue mich, wenn ich Kindern so ein prägendes Stück Geschichte vermitteln darf, ohne sie dabei zu belehren - einfach in ein Abenteuer eingebettet und mit den wunderbaren Illustrationen von Manja veranschaulicht.
Was hast du am 9. November 1989 gemacht? Weisst du das noch? Und wie hast du die Grenzöffnung erlebt?
Meine Familie hat damals von der Pfalz aus zutiefst bewegt auf dem Bildschirm den jubelnden Menschen an den Grenzübergängen zugeschaut. Zwischendrin klingelte immer wieder das Telefon und meine Großeltern meldeten sich aus Berlin. Obwohl mit den Geschehnissen in der Prager Botschaft etwas in der Luft lag, konnten wir es kaum glauben.
Am nächsten Tag in der Schule gab es eine andere Form von Unterricht: „Geschichte live" mit einer Übertragung von der Grenze.
Wohin reisen Matti und Max als nächstes?
Im nächsten Band erleben die Jungs in Paris ein duftes Abenteuer, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ganz lieben Dank für den spannenden Einblick, liebe Sandra! Und auf das nächste Abenteuer freue ich mich als Paris-Liebhaberin ganz besonders!
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