Genuss pur - literarisch kochen mit Kichererbsen, Weisskohl und Paul Auster
Wo Literatur und Kochen sich treffen, wird Genuss grossgeschrieben. Bloggerin und Kochbuchautorin Nicole Giger gelingt die Fusion von Weltliteratur und Essen in "Ferrante, Frisch & Fenchelkraut" aufs Feinste. Ich darf euch hier ein Rezept verraten und die Autorin spricht über die Entstehung des Buches.
Nicole Giger bloggt seit 2017 (genau so lange wie ich) auf www.magsfrisch.com übers Kochen und Literatur. Nun hat sie ihre beiden Leidenschaften mit ihren Reiseerfahrungen und Geschichten aus ihrem Alltag gewürzt und das Koch- und Lesebuch "Ferrante, Frisch & Fenchelkraut" gezaubert. Das über 300 Seiten starke Buch verbindet kulinarische Anekdoten und 50 kunterbunte, kreative Rezepte mit der Weltliteratur. Das Buch kommt mit dunkelgrünem Leinenrücken, Lesebändchen, tollen Bildern (von Nicole Giger selbst und anderen Fotograf*innen) und einem cleanen, modernen Layout als Gesamtkunstwerk daher.
Nicole Giger hat mich mit den spannenden Anekdoten, witzigen Geschichten aus ihrem Leben und interessanten kulinarischen Einblicken in die Weltliteratur im Handumdrehen abgeholt. Wusstet ihr, dass Goethe und Schiller eine Vorliebe für Quitten teilten? Oder dass Abbas Khider die Aubergine zur Königin der Bratpfanne adelte? Und das folgende Zitat hat mich fast dazu verleitet, Mark Twains "Bummel durch Europa" zu lesen.
"Reisen ist fatal für Vorurteile, Bigotterie und Engstirnigkeit." ~ Mark Twain (S. 99)
Aus meinem SuB haben mich dann aber doch noch andere Bücher angelacht. Wenn ich es dereinst schaffe, habe ich das passende Rezept zur Lektüre schon zur Hand: Gefüllte Süsskartoffeln Südstaaten Style. Klingt sehr lecker, oder? Wenn ihr jetzt auf den Geschmack gekommen seid, findet ihr das Rezept bei meiner Kollegin Petra von "Die Liebe zu den Büchern". Wie dieses Rezept, haben auch die anderen Eigenkreationen ihren Ursprung in einem Gericht aus der internationalen oder aus der Schweizer Küche. Nicole Giger hat sie dann auf ihre ganz eigene Art frisch und modern (meist vegetarisch) interpretiert und so ganz eigene Gerichte geschaffen. Das reicht vom Urner Apfelbrot, über die Miso-Auberginen mit Kräutercouscous, bis zur Pasta al Martini und zur Zaprska-Sauce.
Fazit
"Ferrante, Frisch & Fenchelkraut" von Nicole Giger ist das perfekte Kochbuch für alle, die nicht nur in Büchern, sondern auch in der Küche gerne über den eigenen Tellerrand hinausschauen, kulinarisch gerne Neues wagen und sich dabei von der Autorin auch noch die Geschichte hinter den Gerichten - garniert mit literarischen Häppchen aus aller Welt - erzählen lassen möchten.
Die Fakten
Nicole Giger
AT Verlag
320 Seiten
Erschienen im Oktober 2019
ISBN: 978-3-03902-007-2
Herzlichen Dank an den AT Verlag für das Rezensionsexemplar.
Weisskohl mit Kichererbsen, gelben Zucchini, Steinfrüchten und Burrata
Ich habe mir für euch das Rezept zu Paul Austers "Leviathan" ausgesucht und getestet. Dieses Buch habe ich zwar noch nicht gelesen, aber ich bin grosser Fan von Austers "New York-Trilogie". Für das folgende Rezept hat sich Nicole Giger nicht nur von einem Familienrestaurant in Albanien, sondern auch von Austers Romanfigur Maria Turner inspirieren lassen: Sie isst jeden Tag anders, aber immer einfarbig. Für den warmen Salat bedienen wir uns v.a. bei gelben Zutaten:
Zutaten für 4 Personen
Für den Salat:
· 1/2 Weisskohl
· 2 gelbe Zucchini
· 5 EL Sesamöl
· 2 TL Currypulver
· Grobkörniges Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
· 3 EL Zitronensaft, frisch gepresst
· 1 Schuss Weisswein oder Noilly Prat
· 1 Dose Kichererbsen (Abtropfgewicht 220g)
· 1 EL Sesamöl
· ½ EL Zitronensaft
· ½ TL Kurkuma
· ½ TL gemahlener Kreuzkümmel
· 2 Pfirsiche
· 2 Nektarinen
· 2 Aprikosen (je nach Saison geht es auch mit Äpfeln und Birnen)
· 250 g Burrata (z.B. Mini Burratine)
Für das Dressing:
· 40 ml Apfelbalsamico
· 1 TL Honig
· 40 ml Olivenöl
· 40 ml Buttermilch
· Grobkörniges Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
· 2-3 TL Shiro Miso (helle Misopaste, gibt's im Asiashop)
· 150 g weiche Aprikosen, halbiert, entsteint
Zubereitung:
1
Den Weisskohl halbieren, in feine Schnitze schneiden und diese in eine grosse Auflaufform oder auf ein mit Backpapier belegtes Backblech geben. Die Zucchini längs in feine Streifen schneiden und ebenfalls mit aufs Blech oder in die Form geben. Gemüse mit Sesamöl, Zitronensaft, Salz, Pfeffer und Currypulver marinieren und einen Schuss Weisswein dazugeben. In der Mitte des auf 180 Grad vorgeheizten Ofens mit Umluft für 35 bis 45 Minuten garen.
2
Die Kichererbsen in einen Sieb unter fliessendem Wasser abspülen und nach Wunsch von den kleinen Häutchen befreien. Die Kichererbsen mit Sesamöl, Zitronensaft, Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel und Kurkuma mischen und in eine kleine Auflaufform geben. Nach 15 Minuten Backzeit die Kichererbsen zu Weisskohl und Zucchini in den Ofen geben.
3
Alle Zutaten fürs Dressing im Mixer oder mit dem Stabmixer zu einem sämigen Dressing mixen.
4
PFirsiche, Nektarinen und Aprikosen waschen, halbieren und Steine entfernen. Die Steinfrüchte in einer Grillpfanne oder auch direkt auf dem Grill oder in einer Grillschale 5 bis 10 Minuten rösten.
5
Weisskohl, Zucchinistreifen und Kichererbsen in einer Schüssel oder auf einer Platte vorsichtig mischen. Die grillierten Früchte darauf anrichten und mit Burrata oder Mini Burratine toppen. Nach Wunsch mit einigen gelben essbaren Blüten garnieren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit dem Dressing beträufeln.
Im Gespräch mit Autorin und Foodbloggerin Nicole Giger
Als ich das Buch "gelesen" (ja, ich habe es so ziemlich von vorne bis hinten durchgelesen) habe, bin ich neugierig geworden, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Ich habe bei Nicole nachgefragt (Foto: Joni Hedinger).
Eliane: Ich muss die Huhn- oder Ei-Frage stellen: Was war zuerst: die Anekdote, das Rezept oder die literarische Episode? Oder mal so, mal so?
Nicole: Tatsächlich mal so, mal so. Manchmal ist die Anekdote zuerst und dann kreiere ich dazu ein Rezept. Beispielsweise bei den Quitten. Da habe ich mich mit mittelalterlichen Rezeptbüchern auseinandergesetzt und war so fasziniert von der Art und Weise wie früher Rezepte verfasst wurden. Die Angaben waren damals noch total ungenau, so stand da beispielsweise «und dann bäck bis es gut ist» oder «nimm quite soviel te willst» - das hat mich richtiggehend amüsiert. Daraus entstand dann ein Rezept, ein Quitten Crumble.
Manchmal sind es aber auch die Erlebnisse oder die Gerichte, die ausschlaggebend sind. So war’s beispielsweise beim Rezept für Sarma. In Belgrad durfte ich mit der Familie einer Freundin Slava feiern und die hausgemachten Sarma, also Krautwickel, der Grossmutter essen. Diese Krautwickel waren ein Gedicht und das Fest ein bleibendes Erlebnis. Dann habe ich nach einer Krautwickel- oder einer Kohlkopf-Anekdote in der Literatur gesucht, bei Jonathan Franzen bin ich dann fündig geworden.
Sind dir die Geschichten auch manchmal zugeflogen oder kamst du dir meist vor wie ein Trüffelschwein (sorry für den Vergleich!), bis du das passende Zitat, die richtige Geschichte oder das leckerste Rezept gefunden hast?
Glücklicherweise sind sie mir tatsächlich meist zugeflogen. Das liegt vielleicht auch daran, dass es mein erstes Buch war. Viele Geschichten und Anekdoten sind über die Jahre gesammelt. Auf all den Reisen wusste ich noch nichts von einem Buch. All die Geschichten sind nicht auf Papier entstanden oder weil es ein Konzept für ein Buch gab, ich glaube auch, genau das tut dem Buch gut. Aber ja, ‘zugeflogen’ ist vielleicht etwas gar beschönigt, vorbeigeflogen trifft’s eher, ich musste sie dann auch noch einfangen, Anstrengung war durchaus zu spüren, zumindest teilweise.
Gibt es ein Rezept, das es nicht ins Buch geschafft hat, das es aber auch verdient hätte?
Ja, Tacos mit Seitan. Oder auch ein Eintopf mit Randen. Zum Schluss war einfach zu wenig Platz vorhanden, die Seitenzahl auf 320 beschränkt.
Und hast du einen heimlichen Favoriten unter den Rezepten bzw. den Geschichten dazu?
Hm, schwierige Frage. Ich persönlich esse die Smashed Potatoes mit zweierlei Pesto unglaublich gerne, auch die gefüllten Süsskartoffeln oder die Pasta mit geröstetem Blumenkohl. All diese Rezepte sind ruckzuck gekocht und haben Comfortfood-Charakter. Das brauchen wir im Moment ja mehr denn je. Wäre ich jetzt gerade in Dessertlaune, hätte ich vermutlich den Feigenkuchen oder die Erdnuss Raw Bars erwähnt.
Und Lieblingsgeschichten? Hm, das ist noch schwieriger. Mir gefällt Hermann Hesses Zitat zu Indien besonders gut, aber auch Günter Grass’ Worte über Linsen find ich rührend. Richtig amüsant finde ich Donna Leons Zeilen über die Italienische Küche oder auch Mark Twains Liste über seine liebsten Gerichte.
Wie kam es überhaupt dazu, dass du auf deinem Blog Literatur und Essen kombinierst?
Ich habe Germanistik studiert und mir ist immer wieder aufgefallen, wie oft in Büchern gegessen, gekocht oder auch gefastet wird. Zudem sind auch viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller leidenschaftliche Köche - oder mindestens leidenschaftliche Esser. Essen und Literatur verbinden, ist daher viel naheliegender als es vielleicht auf den ersten Blick vielleicht erscheint.
Zudem, das Faszinierendste am Essen finde ich nach wie vor die Geschichten hinter den Rezepten. Essen ist so viel mehr als Nährwerte und Mengenangaben, Essen ist Kultur, Geschichte und Tradition. Gerichte können die Geschichten einer Familie erzählen, ja die eines ganzen Landes. Darum finde ich es so toll, wenn ich übers Essen und all das, was wir damit verbinden, schreiben kann.
Und wie kam es dann vom Blog zum Buch?
Der AT Verlag hat angefragt. Da konnte ich schlecht Nein sagen. Ich hab mich natürlich ungemein gefreut, ja die Freude war riesig. Selber hätte ich wohl kaum schon an ein Buch gedacht, das ist doch schliesslich sowas wie die Königsdisziplin, wenn man ein Blog hat.
Ja, da hast du recht! Und wie das Buch zeigt, war die Anfrage vom AT Verlag mehr als berechtigt! Herzlichen Dank für das spannende Interview! Ich freue ich schon auf ein nächstes Buch von dir.
#literarischkochen - eine kulinarische Reise durch die Weltliteratur
Ich bin von "Ferrante, Frisch & Fenchelkraut" so begeistert, dass ich kurzerhand ein paar Bloggerinnen bzw. Kolleginnen von Instagram gefragt habe, ob sie bei der Aktion #literarischkochen dabei wären und ebenfalls ein Rezept aus dem Buch ausprobieren und vorstellen. Den ganzen April über werdet ihr bei folgenden Blogs/Accounts fündig:
Natürlich freuen wir uns auch, wenn ihr selbst in den Social Media den Hashtag nutzt und eure ganz eigenen Geschichten rund ums Essen, Kochen und die Literatur teilt. Ich teile eure Posts dann auch fleissig in den Insta-Stories.
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