Ganz besonders anders
Zum heutigen Welt-Down-Syndrom-Tag habe ich gleich vier Buchtipps für euch. Sie zeigen, wie besonders jeder Mensch ist, egal ob nun mit oder ohne Handicap.
Der Welt-Down-Syndrom-Tag wird jeweils am 21.3. gefeiert. Das Datum steht für das dreifach vorhandene Chromosom 21.
Leopeule - Nina Hundertschnee und Pe Grigo
"Leopeule" behandelt das Thema Anderssein anhand einer Tiergeschichte. Der Bezug zur Trisomie 21 ist nicht offensichtlich, was ja auch gar nicht nötig ist. Dass er besteht, wird aber klar, wenn man weiss, dass Nina Hundertschnees Tochter, der dieses Buch gewidmet ist, selbst mit dem Downsyndrom zur Welt gekommen ist. Die Autorin erzählt die wunderbare Geschichte einer ganz besonderen Eule. Die kleine Leopeule sieht nicht aus wie ihre Eulengeschwister, denn sie hat ein ganz besonderes Gefieder - goldgelb mit braunen Punkten. Leopeule sieht nicht nur anders aus, sie ist auch eine besonders schüchterne Eule, ihre Flugversuche enden im Brennesselbusch und so hoch hüpfen wie die Kiebitze kann sie auch nicht. Aber auch Leopeule hat eine ganz einzigartige Fähigkeit. Welche? Kinder ab 4 Jahren erfahren es im Bilderbuch, das übrigens von Pe Grigo sehr süss illustriert wurde. Hier darf das Wort "süss" für einmal einfach so stehen, aber seht selbst in den Bildern!
Leopeule - Nina Hundertschnee und Pe Grigo, Dragonfly Verlag, 32 Seiten, erschienen am 18.02.2020, ISBN: 978-3-7488-0026-2 , ab 4 Jahren
Lilly gehört dazu! - Irmgard Partmann und Laura Bednarski
Dieses Bilderbuch für Kinder ab 5 Jahren ist eine regelrechte Liebeserklärung an ein Geschwister mit Downsyndrom. In diesem Fall geht es um Lilly, die kleine Schwester von Julia, der Ich-Erzählerin. Julia erzählt ganz unverblümt davon, was Lilly kann, was nicht, was an ihr anders, was besonders ist und was beide Schwestern gemeinsam haben. Indem Irmgard Partmann aus Kinderperspektive von ganz alltäglichen Situationen erzählt, können wir uns sofort in Julia hineinfühlen und schliessen Lilly mit ihren Stärken und Schwächen umgehend ins Herz. Mit diesem Buch wird sofort klar: Eine Schwester ist und bleibt eine Schwester. Egal, ob sie nun ganz "normal" ist oder besonders einzigartig.
"Lilly ist einfach Lilly. Ich kann mir keine andere Schwester vorstellen. Ich habe sie sehr lieb."
"Lilly gehört dazu!" ist wunderschön illustriert von Laura Bednarski. Ich mag die Farbpallette sehr, das Helle, das Moderne und den coolen Kleiderstil der Mädchen, ganz ohne Klischees.
Lilly gehört dazu! - Irmgard Partmann und Laura Bednarski, Coppenrath Kinder, 32 Seiten, erschienen am 01.01.2020, ISBN: 978-3-649-63313-6, ab 5 Jahren
Das blaue Herz von Finn - Thomas J. Hauk und Katharina Sieg
Auch in diesem Buch geht es nicht explizit um ein Kind mit Downsyndrom. Finn, der Nachbarsjunge von Ich-Erzählerin Lena, lebt mit seinen Freunden in einem Heim. Lenas Mama meint, Finn sei krank, aber das kümmert Lena überhaupt nicht und sie freundet sich mit Finn an.
"Ich hab einen Freund, der ist anders als die anderen. Obwohl ich gar nicht so genau weiss, was anders ist."
Finn liebt es, wenn Lena ihm vorsingt und er wünscht sich nichts mehr, als dass Lena ihm vor dem Einschlafen ein Gutenachtlied singt. Das geht natürlich nicht so leicht, weil Lena nicht einfach ins Heim kann. Aber Lena ist erfinderisch. Thomas J. Setz erzählt diese Geschichte einer besonderen Freundschaft mit viel Humor aus der kindlichen Perspektive von Lena. Auch die Sätze und Lenas Wortwahl sind ihrem Alter toll angepasst und wirken sehr authentisch. Katharina Sieg hat das Buch mit aufwendigen Illustrationen aus Aquarellfarben, Blei- und Bundstiften kunstvoll illustriert. Ganz toll ist auch die Buchgestaltung von Katrin Stangl mit dem wunderbar matten, grob strukturierten Papier. Ich würde dieses Kinderbuch ab 6 Jahren empfehlen, denn es hat schon einiges mehr an Text und die feinen Zwischentöne werden die kleineren Kinder noch nicht hören.
Das blaue Herz von Finn - Thomas J. Hauck und Katharina Sieg, Kunstanstifter, 36 Seiten, erschienen am 31.01.2019, ISBN: 978-3-942795-79-1 , ab 6 Jahren
Schlägerherz - Jutta Nymphius und Barbara Jung
Mit "Schlägerherz" möchte ich euch zum Abschluss ein Kinderbuch zum Selberlesen vorstellen. Jutta Nymphius erzählt darin die Geschichte von Kay, der in der Schule kleinere Kinder schlägt, schulisch immer mehr abdriftet und nur noch mit dem halbstarken Sven herumhängt. Er baut so viel Mist, dass er schliesslich fast von der Schule fliegt. Aber eine Chance kriegt er noch: Er muss sich um die neue Mitschülerin Greta kümmern. Doch Greta ist anders, sie hat das Downsyndrom. Vielleicht vermag sie ja genau dadurch, das Eis zu brechen.
Der Kinderroman ist sehr subtil erzählt und zeichnet die inneren und äusseren Kämpfe von Kay eindrücklich auf. Mit der Zeit merken wir, auch Kay hat sein Päckchen zu tragen. Das ist keine Entschuldigung für sein Verhalten, aber es erklärt einiges. Und gerade hier liegt die Stärke, dass Kay nicht einfach vom Saulus zum Paulus wird, sondern eine vielschichtige Figur ist. Er ist nicht einfach Unsympath, sondern ein sensibles Kind mit grossen Problemen, die er nicht mehr selbst lösen kann.
Die Kapitel haben eine sehr angenehme Länge, die Handlung schreitet zügig voran und der Text wird um die schwarzweissen Illustrationen von Barbara Jung ergänzt. Insgesamt ein ganz toller, tiefgründiger, einfühlsamer und bewegender Kinderroman, der nicht vor harten Themen zurückschreckt.
Schlägerherz - Jutta Nymphius und Barbara Jung, Tulipan Verlag, 144 Seiten, erschienen am 19.07.2019, ISBN: 978-3-86429-440-2, ab 10 Jahren
Tipp: Im Kinderbuchpodcast "Musste lesen, kannste hören!" von Kerstin könnt ihr ein Interview mit Autorin Jutta Nymphius nachhören (Folge vom 25.01.2020).
PS: Herzlichen Dank an die Verlage Dragonfly, Coppenrath, Kunstanstifter und Tulipan für die Rezensionsexemplare.
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