Ein Grossmami für Mimi
Mit "s'Postfächli 737" von Simon Libsig und Nicolas d'Aujourd'hui zeige ich euch nicht nur ein Bilderbuch auf Schweizerdeutsch, sondern starte auch eine neue Serie zu Kinderbüchern ohne Klischees.
Zuerst zum Inhalt: Primarschülerin Mimi mit der wilden roten Mähne wünscht sich nichts sehnlicher als ein Grossmami. Von ihren Klassenkameraden weiss sie, dass Grosis ganz toll sind: Sie sind weich beim Umarmen, sie kochen ganz fein, sie können zaubern und sind auch sonst gerne in jeder Lebenslage behilflich.
Die Bekanntschaft zwischen Mimi und Frau Meier, der Kioskfrau, fängt eigentlich gar nicht gut an. Denn Frau Meier erwischt Mimi beim Schleckzeugklauen. Zur Strafe muss Mimi fortan Frau Meiers Postfach 737 leeren. So sehen sich die beiden regelmässig, Mimi erfährt, wie einsam sich Frau Meier fühlt. Gleichzeitig zeigt Frau Meier Mimi, wie man die kaum zu bändigenden Haare ganz einfach in den Griff kriegt. Ausserdem hat sie immer ein offenes Ohr, zaubert für Mimi und umarmt sie, wenn sie mit einer schlechten Note aus der Schule kommt. Langsam freunden sich die beiden an. Als dann noch Frau Meiers Kiosk abgerissen wird, rücken die beiden noch näher zusammen, vereint gegen den Feind, die Bagger! Und so kommt Mimi zu einem neuen Grossmami.
Zugegeben "s' Postfächli 737" ist kein typisches Kinderbuch, das Geschlechterklischees und traditionelle Rollenbilder oder Familienformen sprengt. Man erkennt es nicht sofort als ein sogenannt nicht-normatives Buch. Trotzdem gehört es für mich in dreierlei Hinsicht in in diese Kategorie:
Das Wichtigste an einem guten Grossmami ist nicht die Blutsverwandtschaft, sondern dass jemand diese Rolle ausfüllen kann. Da ist, Geborgenheit gibt und auch ein bisschen den richtigen Weg weist.
Nur weil jemand alt ist, heisst das nicht, dass er oder sie nicht auch cool sein kann. Auch Grossmütter können den Glockenabsprung!
Das Aussehen oder in diesem Fall die Haare können schon mal zur Herausforderung werden. Besonders wenn die Schulgspändli einen der Haare wegen ausgrenzen. Mit etwas Rückendeckung und guten Tipps vom Grossmami lernt Mimi, sich so anzunehmen, wie sie ist und trägt ihre Mähne bzw. ihr "Bürzi" mit Stolz.
Fazit
Neben den lustigen Illustrationen und der schönen Geschichte über eine besondere Freundschaft lebt dieses Kinderbuch ganz stark von der rhythmischen Sprache des Poetry Slamers Simon Libsig: "Scho gli het's rundume nurno gschmatzt und gschlürft und gschlabberet, s'het gschläcket, gsuggelet und gsüderet." Und zu guter letzt ist es eine schöne Abwechslung, ein Buch mal in der Muttersprache vorzulesen!
Die Fakten
s'Postfächli 737
Simon Libsig & Nicolas d'Aujourd'hui
nix-productions
56 Seiten
Erschienen am 12.12.2014
Das Buch ist nur direkt beim Verlag oder in der Buchhandlung Librium in Baden erhältlich.
Reihe: Klischeefreie Kinderbücher
Mehr zum Thema klischeefreie Bücher erfahrt ihr bald in einem allgemeinen Artikel zum Thema. Weitere Kinderbücher, die sensibel gegenüber Geschlechterrollen, Familienformen und verschiedenen Kulturen sind, präsentiere ich euch ab jetzt in loser Folge hier auf dem Blog.